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Editoral

Wiezo, wezhalb, warum...

Wenn auf nullte Novemberausgaben erste a Winterausgaben folgen, Wasser zu Eis gefriert, Körperzellen sich periodisch erneuern, oder Philosophen sich in Paradoxa verstricken, iteriert es. Für ein Logozin bedeutet diese Tatsache schlicht, dass Enjoy the Show Journalismus hochgradig zirkulär ist. Aus diesem Grund wird sich der Unsinn aus vorangeganenen Ausgaben auch in dieser Ausgabe fortsetzen. "Unsinn braucht Sinn, sonst ist es Unsinn von Unsinn zu sprechen", wie Martin King C. es trefflich formuliert. Dem schließen wir uns an und werden deshalb in dieser Ausgabe mit Simulationen, Gemüse und Attraktoren ins Chaos abgleiten, um dort auf Fraktale zu treffen, Filme kritisieren und mit dem flüchtigen Gemüsehändler Achmem Gebisch in Kontakt treten. Wie dem auch sei.

...Lets shatter

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Ein Interview mit Achmem Gebisch

Neues im Fall des flüchtigen Gemüsehändlers Achmem Gebisch.

Maotze Ping, der seit sich seit kurzem dem logicsperm Team als Redaktionmedium angeschlossen hat, führte kürzlich dieses telepathische Interview mit dem flüchtigen Gemüsehändler Achmem Gebisch.

Ping: Herr Gebisch, was hat sie zur Flucht bewegt?

Gebisch: Verdammt gute Frage. Für meine Verfolger zählt nicht warum ich fliehe, sondern nur dass ich fliehe. Ich sehe jedenfalls auf meiner Seite keine Schuld an dem Häusereinsturz der mich ruiniert hat. Tatsache ist, dass mir der Fiskus an die Gurgel will. Mein Entschluss stand daher fest: Keiner glaubt mir, also bleibt mir nichts anderes als zu fliehen.

Ping: Ist denn das nicht ein wenig zu drastisch gedacht?

Gebisch: Nie und nimmer, dass kann ich ihnen versichern. Sie sehen die finanziellen Probleme nicht, in denen ich stecke. Das ist echt auswegslos.

Ping: Ihre Flucht ist ja auf Grund ihres fliegenden Fluchtteppichs gleichzeitig ein vielzitiertes Ereignis.

Gebisch: Ja, und genau das habe ich nicht mit einberechnet, denn jetzt ist eine Menge Aufmerksamkeit auf meine Person gerichtet und die Flucht wird immer schwieriger. Ich komme nicht mehr zur Ruhe und das bereitet mir Sorgen. Meine Verfolger waren mir vor kurzem dicht auf den Fersen. Ich bin ihnen nur knapp entkommen.

Ping: Um auf die Magie zu kommen, die sich in diesem Fall ja ziemlich anhäuft. Wie stehen sie zur Voodoo-Erklärung von Guy Lacroix?

Gebisch: Ich gehe nicht davon aus, dass irgend jemand weis was wirklich passiert ist. Eins steht für mich jedoch fest: Es war nicht meine Schuld. Unter uns: Er ist ein Scharlatan und überhaupt ist der ganze Magiequatsch doch blanker Humbug.

Ping: Aber Herr Gebisch! Sind Ihre Teppichfliegerei und unsere telepathische Kommunikation etwa keine Magie?

Gebisch: Langsam, langsam! Magie ist was wir nicht verstehen, und sie müssen wissen, dass ich die Funktionsweise meines Teppichs sehr wohl verstehe. Mit der Telepathie verhält es sich im Übrigen genauso. Für sie ist es Magie und für mich traditionelle Technik. Der Voodooquatsch ist für mich zu weit hergeholt. So was hat keine Tradition bei uns. Verstehen sie! Tradition ist wichtig für mich und sonst geht mal gar nix.

Ping: Mir war nicht bekannt, dass Telepathie zur Tradition der Sufis gehört.

Gebisch: Ihnen sind wahrscheinlich noch eine Menge anderer Dinge nicht bekannt, aber davon will ich hier gar nicht erst anfangen. Seien sie einfach froh, dass es funktioniert.

...an dieser Stelle brach der telepathische Kontakt zwischen Gebisch und Ping ab und konnte zu unserem Bedauern nicht wieder aufgenommen werden. Falls sich im Fall Gebisch etwas Neues tut, berichten wir selbstverständlich darüber.

ku


Wie im Großen so im Kleinen

Fraktale Konstruktionsprinzipen als einfache aber mächtige Bauanleitung.

Wir wissen ja wie verspielt Ihr seid, und daher möchten wir diese Veranlagung mit einer interaktiven Simulation fördern. Das spielerische Ziel der Simulation liegt darin, interessante bzw. tatsächlich existierende Pflanzentypen mit den Reglern zu erzeugen.

Neuen Zweig anlegen Letzten Zweig entfernen
Entwerfe deine Pflanze

Damit das Ganze Spaß macht und Einblick beschert, erklären wir zunächst den Umgang mit den Reglern. Um einen Regler zu drehen, muss sich der Mauszeiger direkt darüber befinden. Durch anhaltendes Drücken der linken Maustaste und gleichzeitiges Bewegen der Maus nach oben und unten kann die Reglereinstellung geändert werden. Von den zwei Reglertypen ist 'a' für die Richtung und 's' für das Wachstum der Zweige zuständig.

Jedes Reglerpaar kontrolliert einen bestimmten Zweig und diesen an jeder Gabelung erneut, wobei jedes Zweigende eine Gabelung bildet. In diesem Sinne beziehen sich die oben genannten Begriffe Richtung und Wachstum auf die jeweilige Gabelung. Aus diesem Zusammenhang wird der globale Effekt eines jeden Reglers ersichtlich. Hierin finden wir bereits den fraktalen Gedanken. Das Wiederholen von Zweiganweisungen ergibt die spezifischen Eigenschaften Selbstähnlichkeit und Detail.

Zu guter letzt kann man noch die Anzahl der Reglerpaare bestimmen. Mit den Links 'Neuen Zweig anlegen' und 'Letzten Zweig entfernen' kann dies erreicht werden. Es lohnt sich durchaus mit einer niedrigen Anzahl von Zweigen (2-3) zu experimentieren, da so mehr Übersichtlichkeit möglich ist. Mehr Zweige ermöglichen jedoch komplexere Pflanzentypen.

Wir können nun erkennen, dass mit geringem Einsatz von Information komplexe Strukturen, wie sie auch in der Natur vorkommen, erzeugt werden können. Zum Einen wird diese Tatsache zur Generierung virtueller Welten genutzt, zum Anderen gibt sie uns einen Hinweis darauf, wie Pflanzen mit relativ wenig Erbmaterial ihre komplexe Struktur kodieren. Der Zweck fraktaler Strukturen dient maßgeblich zur Optimierung verschiedenster Eigenschaften.

ls


Unterhaltung garantiert, eine Filmkritik

In ihrer Zen-Kömodie "Erleuchtung garantiert" zeigt Doris Dörie die abenteuerliche Reise zweier Durchschnittsbüger vom deutschen Alltagsleben in ein buddhistisches Kloster in Japan.

Uwe (Uwe Ochsenknecht) ist Vater von 3 Kindern. Die ständigen Familienprobleme führen dazu, dass ihn seine Frau mitsamt den Kindern verlässt. Todunglücklich weint er sich bei seinem Bruder Gustav (Gustav-Peter Wöhler), einem Feng Shui Experten, aus. Da Uwe nicht weiß wohin mit sich, begleitet er Gustav auf seiner Reise in ein japanisches Zen-Kloster. In Tokio angekommen, wird das Ganze jedoch zu einem Abenteuer im exotischen Großstadtdschungel. Eine Entmutigung folgt der anderen. Schritt für Schritt müssen sich Uwe und Gustav von gewohnten Dingen verabschieden. Das Geld geht aus, sie finden ihr Hotel nicht mehr, sie können sich nicht verständigen und verlieren sich. Doch als sie erkennen, dass diese Verluste eine neue Perspektive eröffnen, erfährt ihre Reise eine entscheidente Wende.

Mit "Erleuchtung garantiert" ist Doris Dörie ein besonderer Film gelungen. Die eingesetzten Mittel sind einfach und gerade dadurch wirkt der Film authentisch. Authentizität scheint überhaupt eines der Anliegen dieses Films zu sein. So tragen die Charaktere die Namen ihrer Schauspieler und die Bilder der digitalen Handkamera vermitteln den Eindruck amateurhaft zu sein. Das alles lößt Betroffenheit und Nähe aus. Die Charaktere sind nicht etwa cool, sondern fehlerbehaftet, ganz wie man das von Menschen kennt. Gerade das macht sie liebenswert und so fällt es einem leicht sich mit ihnen zu identifizieren.

Durch seine Autentizität deckt der Film eigene Verhaltensmuster auf und zeigt schonungslos wie tragischkomisch diese bisweilen sind. Doris Dörie wird aber gerade mit diesem Element dem anspruchsvollen Filmtitel gerecht, denn Erleuchtung hat viel mit Authentizität zu tun. Dass der Film als Komödie daherkommt, passt ebenfalls gut ins Bild, denn Zen-Philosophie ist selbst voll von einer besonderen Art von Witz. Uwe Ochsenknecht und Gustav-Peter Wöhler bringen mit ihrem schauspielerischem Talent diese zentralen Aspekte in den Vordergrund. Die Beiden machen im Film vielfache Wandlungen durch und wechseln sich darin ab Weisheiten zu zitieren oder resigniert zu sein.

"Erleuchtung garantiert" wird nun garantiert nicht jeden erleuchten und auch Uwe und Gustav sind wohl eher nicht erleuchtet, doch sind sie auf dem Weg dahin und dieser ist ja schliesslich das Ziel.

ku


Vom Blumenkohl bis in die Unendlichkeit

Fraktale im Gemüse und anderswo

Betrachten wir zuerst das Bild eines Romanesco Blumenkohls. Wir sind nicht in der Lage zu entscheiden, ob wir auf dem Bild den ganzen Blumenkohl, oder nur den Ausschnitt einer einzelnen Blumenkohlrose sehen.

Das nächste Bild hingegen macht deutlich, dass es sich bei dem ersten Bild nur um einen Ausschnitt aus dem ganzen Blumenkohl handelt. Jede einzelne Blumenkohlrose ähnelt also dem gesamten Blumenkohl.

Ein Gemüse mit solchen Eigenschaften bezeichnen wir als selbstähnlich oder fraktal. Da es sich bei der Form des Blumenkohls um ein Naturfraktal handelt, muss diese Selbstähnlichkeit nach einigen Vergrößerungsstufen enden. Ein Gemüse hat schließlich nicht nur Gestalt, sondern verfügt auch über innere Strukturen einer gewissen Mindestgröße, die eine Aufgabe wie etwa den Nährstofftransport im Inneren der Pflanze erfüllen. Der Artikel "Wie im Großen so im Kleinen" zeigt wie ein selbstähnliches Naturobjekt in Form einer Pflanze mit Hilfe einenes mathematischen Algorithmus simuliert werden kann. Die Mathematik mit der wir solche Systeme beschreiben und simulieren können, heisst fraktale Geometrie und wurde von Benoit Mandelbrot entwickelt.

Gegenüber Naturfraktalen wie unserem Blumenkohl, weisen mathematische Fraktale die Besonderheit auf, dass sie bis in unendlich kleine Bereiche exakte Selbstähnlichkeit aufweisen können. Bei exakter Selbstähnlichkeit enthält jeder beliebige Ausschnitt aus dem Gesamtobjekt eine exakte Kopie des gesamten Gebildes. Die nebenstehende Animation zeigt eine Kammerafahrt ins Innere eines Fraktals, dabei zeigt sich immer wieder die Form des Apfelmännchens, egal wie tief wir in das Fraktal vordringen.

ku


Attraktoren

Findest Du mich anziehend?

Attraktoren sind nicht etwa Landmaschinen der neuesten Sorte, so sehr es auch danach aussieht. Man kann allerdings nach detaillierter Beschäftigung mit diesem Begriff sehen, dass Landmaschinen durchaus Attraktoren sind. Damit das jetzt nicht zu verwirrend wird, beginnen wir am besten mal ganz am Anfang.

Der Begriff Attraktoren kommt aus der Chaostheorie und hat daher auch etwas mit Fraktalen zu tun. Der Wortstamm ist der gleiche wie in "attraktiv" oder "Attraktion" und das verrät schon eine ganze Menge. Es geht also um Anziehung, nur das diese bei einem chaotischen Attraktor nur Schein ist. Typische Beispiele für Attraktoren sind Wirbelstürme, Planetensysteme, Blumenkohle und Eiskristalle.

Um nun dem Begriff auf die Schliche zu kommen, sehen wir uns mal an, wie ein Attraktor entsteht. Als Beispiel nehmen wir ein Pendel. Ein Pendel schwingt und wird dabei durch die Reibung immer kleinere Ausschläge beschreiben, bis es in die Ruhelage kommt. Dieser Ruhepunkt ist der Attraktor der Pendelbewegung. Zugegebenermassen ist dieser Attraktor ein äusserst simpler und in keinster Weise fraktal. Das liegt aber an der Einfachheit des Versuchsaufbaus. Wenn man komplexere Systeme aufbaut, bei denen die Teilsysteme zyklische Wirkungsprinzipien aufweisen, sind die Attraktoren meist komplexe Gebilde von grosser Schönheit. Der Mensch ist dafür ein wunderbares Beispiel, denn hier sind zyklische Wirkprinzipen auf allen Ebenen anzutreffen.

Ein Attraktor selbst ist substanzlos und manifestiert sich nur über die zeitlichen Veränderungen eines Systems. Der Attraktor Mensch besteht also nicht aus seinen Organen, Zellen oder Atomen. Es ist die immer ähnlich bleibende Form des Menschen, wobei die Einzelteile ständig im Fluss der Dinge ausgetauscht werden. Wir sehen also, dass ein Attraktor etwas stabiles auf einer Metaabene ist, während auf der "normalen" Ebene alles im Wandel ist.

tb